Inhalt:
- Problemaufriss
- Regeln und Rituale
- Bei Stop ist Schluss
- Faustlos
- Das Trainingsraum- (Arizona-) Modell
- Mediation: Streitschlichter (Link zur nächsten Seite)
- Lions -Quest
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Erziehungsbündnisse
1. Problemaufriss
In vielen Schulen im Lande besteht das Problem, dass
um Unterricht durchzuführen, überhaupt ein Minimum an Arbeitsatmosphäre
geschaffen werden muss. Manche Kollegen und Kolleginnen versuchen in
ihren Klassen, die Schwierigkeiten durch verschiedenste Methoden zu
bewältigen.
An anderen Schulen wird die gleiche Ausgangslage als Herausforderung
für die ganze Schulgemeinde begriffen. Vielfältige Maßnahmen
und Zusammenarbeit zwischen allen am Schulleben beteiligten verändern
oft in relativ kurzen Zeiträumen das ganze Schulklima.
Typisch für solche Schulen ist, dass Disziplin- und Gewaltprobleme
als zu lösende Gemeinschaftsaufgabe begriffen werden und ein einheitliches
Programm für die ganze Schule ein verpflichtender Bestandteil des
Curriculums ist.
Die auf der Seite getroffene Unterscheidung zwischen präventiven und stärker eingreifen, regulierenden Maßnahmen ist tendenziell zu verstehen. Auch bei jedem eher präventiv ausgerichteten Programm, wird gelegentlich eine Sanktionierung bzw. die Abwendung von Schaden verhindernde Maßnahme notwendig sein.
Prävention | Intervention |
---|---|
Bei den präventiven Maßnahmen wird der Schüler in seiner Persönlichkeit gestärkt. Bei einer guten Prävention sind deshalb weitere Interventionen nicht mehr notwendig. | Bei Maßnahmen der Intervention liegt der Schwerpunkt auf dem Schutz der anderen. Oft sind drastische Maßnahmen: Schulausschluss etc. notwendig. |
Trotz der Wichtigkeit von gutem Unterricht und Klassenmanagement, wird hier das Hauptaugenmerk auf der Vorstellung differenzierter Konzepte gelegt.
nach oben2. Regeln und Rituale
(Vergleichen Sie bitte auch das Kapitel Erziehungsmittel)
Regeln gelten für alle am Schullebenden teilnehmenden Personen. Sie drücken gerechte Aufforderungen an alle aus, werden sie nicht befolgt, erfolgt eine Sanktion. Zur Einführung von Regel am Anfang des Schuljahres/ zur Klassenübernahme hat es sich bewährt, wenn:
- Schüler bei der Formulierung der Regeln mitwirken.
- die Regeln altersgerecht formuliert sind.
- die Regeln im Klassenzimmer ausgehängen. ( Kollegen/innen können sich dann auch an die Regeln halten.)
- die Regeln positiv formuliert werden. Z.B. "Bei Gruppengesprächen unterhalten wir uns im Flüsterton " - ungeschickt: "Wir schreien nicht im Klassenzimmer".
- sie wenige, überschaubare Regeln formulieren. Weniger ist mehr als viele, unübersichtliche Regeln.
- sie Regelverstösse sofort ahnden.
Wichtige Regeln zur Schaffung einer guten Arbeitsatmoshäre:
- Zum Arbeiten benötige ich : ................
- Wenn meine Lehrer/in nicht kommt, geht ..... zum ...
- Wenn das (Signal) ertönt, sitzen wir alle ....
- Ich kann meinen Platz verlassen, wenn ....
- Bei Partnerarbeit, ..... sprechen wir leise miteinander.
- Wenn ich einen Beitrag habe, melde ich mich.
- Ich mache meine Hausaufgaben. Wenn ich sie nicht habe, dann .....
- Ist die Stillarbeit beendet, dann ....
- Verbesserungsvorschäge und Wünsche gebe ich ....
Vorsicht !
Betrachten Sie "wir- Formulierungen" außerordentlich kritisch. Beispiel "Wir werfen im Pausenhof keine Schneebälle". Diese Wir- Formulierungen täuschen häufig eine Gemeinschafts-verantwortung, ein Einverständnis vor, obwohl ein Gebot oder Verbot der eigentliche Inhalt dieser "Regel" ist. Es ist ehrlicher und wird von den Schülern oft auch mehr geschätzt wenn, wenn Gebote auch deutlich als solche zum Ausdruck gebracht werden. Ein Lehrer hat das Recht von einem Schüler etwas Sinnvolles zu verlangen und es auch direkt zum Ausdruck zu bringen:
- "Ich verlange ....,
- Ich erwarte ...
- x wird gemacht!. "
Rituale sind in Abgrenzung zu Regeln eher tradionsbestimmte, konventionelle Verhaltensweisen, die zu bestimmten Anlässen in einer sich immer wiederholenden Form durchgeführt werden. Oft wird mit der Hilfe von Ritualen bewusst oder unbewusst der Unterricht strukturiert und gesteuert.
Vorteile von Ritualen | Kritik an der Verwendung von Ritualen |
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Weil Vor- und Nachteile eng beieinander liegen empfiehlt es sich, bei der Einführung von Ritualen sich darüber gründlich Gedanken zu machen. Stellen Sie sich dazu folgende Fragen:
- Bin ich vom Sinn und Zweck des Rituals überzeugt?
- Ist das Ritual ausgewogen und an die Bedürfnisse des einzelnen und an die Bedürfnisse der Gruppe angepasst?
- Wie kann ich ein Ritual mit den Schüler zusammen entwickeln bzw. einführen?
- Was mache ich, wenn sich das Ritual überlebt hat? (Die Schüler wurden inzwischen älter, ...)
- Was mache ich, wenn Rituale einen Entwicklungsprozess/ den Unterrichtsprozess behindern / einschränken?
- Wie gehe ich mit Widerstand bei der Einhaltung von Ritualen vor?
3. Bei Stop ist Schluss!
Es gibt Regeln des Zusammen-Lebens (Klassengemeinschaft, Zusammenhalt zwischen den Schülern, den Schülern und den Lehrkräften) und des Zusammen-Arbeitens (auf den Unterricht bezogen).Die Regeln des Zusammen-Arbeitens gliedern sich in Unterrichtsvoraus-setzungen und Unterrichtsstörungen. Für das Einhalten / Nicht-Einhalten der Regeln gibt es positive und negative Konsequenzen.
Unterrichtsvoraussetzungen sind:
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Wenn der Schüler eine Unterrichtsvoraussetzung nicht erfüllt, erfolgt ein Eintrag in die Feedback-Liste. Als weitere Konsequenzen folgen Lehrer-Kind-Gespräche, Eltern - Lehrer - Kind - Gespräche und wenn möglich Verhaltenstraining wie Hausaufgabenbetreuung, Pünktlichkeitshilfe, Packhilfe.
Wenn der Schüler die Regeln in einem bestimmten Zeitraum eingehalten hat, folgen vom Lehrer festgesetzte positive Konsequenzen, z.B. Hausaufgabengutschein, Griff in die Geschenkebox, Teilnahme an gemeinsamen Aktionen (Frühstück, Ausflug...), symbolische Anerkennung (Stempel, Bilder...), Urkunden.
Unterrichtsstörungen sind z. B.
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Unterrichtsstörungen sind Verstöße gegen die Ruhe-, Flüster-, Aufmerksamkeits- und Stopp-Regeln. Die ersten 3 Regeln werden durch akustische Signale eingeleitet. Die Stopp-Regeln werden aufgestellt und auf einem Plakat mit Datum festgehalten, wenn eine konkrete Störung das erste Mal auftritt. Ab diesem Zeitpunkt folgt auf ein Verstoß gegen die Stopp-Regel die negative Konsequenz ohne Verwarnung.
Positive Konsequenzen,
wenn das Kind die Regeln über einen bestimmten
Zeitraum beachtet hat: wie bei Unterrichtsvoraussetzungen,
s.o. Negative Konsequenzen: Auszeit: der Schüler muss das Klassenzimmer verlassen und dort eine Aufgabe erledigen. Am besten ist es, wenn ein gesonderter Raum mit einer Aufsichtsperson besteht. Die Auszeit wird in der Feedback-Liste vermerkt. |
Grundsätze für die Regeldurchsetzung:
- "Konsequent und wertschätzend“: Die Konsequenzen müssen bei jedem Regelverstoß erfolgen, aber sie beziehen sich immer nur auf das Verhalten, nie auf die Person!
- Kinder wollen selber klare Regeln,
aber es ist ihr Recht, die Grenzen auszutesten ist.
Aufgabe des Lehrers ist dieGrenzen im Unterricht zu setzen, es ist eben nicht die des Schülers! - Auf das Wort „Strafe“ verzichten.
- Eindeutige Regeln formulieren, die das Wort „ich“ enthalten.
- Positive Konsequenzen sind
genauso wichtig wie die negativen.
Prosoziales Verhalten muss anerkannt werden!
Die Vorfreude auf die positiven Konsequenzen dient als Ansporn für das Einhalten der Regeln. - Im Kollegium im Team arbeiten.
(Falls das nicht möglich ist, müssen die Schüler wissen, wer „dabei“ ist und wer nicht).
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4.
Faustlos –
Wie Kinder Konflikte gewaltfrei
lösen können
„Faustlos“ ist ein für die Grundschule entwickeltes Curriculum,
das impulsives und aggressives Verhalten von 6- bis 10jährigen
Kindern vermindern und ihre soziale Kompetenz erhöhen
soll.
Es wird mit Bildfolien gearbeitet, diskutiert,
korrektes Verhalten vorgemacht, Rollenspiele gespielt.
Auf die Übertragung im Schulalltag wird Wert gelegt.
Einheit I: Empathie erlernen.
Kinder, die sich in andere hineinfühlen können,
also empathisch sind, können nichtaggressiv reagieren
und Mitleid haben. Lernziele: Gefühle anderer durch
sichtbare/situative Anhaltspunkte identifizieren; erkennen,
dass verschiedene Menschen verschieden fühlen; absichtlich
und unabsichtlich unterscheiden; „Ich-“Botschaften
und zuhören; etc.
Einheit II: Impulskontrolle.
Das bedeutet, eine Aktivität zu stoppen und über
ein Problem nachzudenken, anstatt spontan zu tun, was einem
in den Sinn kommt. Erlernbares Problemlöseverfahren:
- Was ist das Problem?
- Welche Lösungen gibt es?
- Frage dich bei jeder Lösung: Ist sie ungefährlich? Wie fühlen sich die anderen? Ist sie fair?
- Entscheide dich für eine Lösung und probiere sie aus. Angestrebte Verhaltensfertigkeiten: jemanden zu einem geeigneten Zeitpunkt unterbrechen, etwas haben wollen, das einem nicht gehört, jemanden freundlich um Hilfe bitten, um Erlaubnis fragen, sich entschuldigen, mit dem Druck von Gleichaltrigen umgehen, der Versuchung zu stehlen widerstehen.
Einheit III: Umgang mit Ärger und Wut.
Dabei sollen Emotionen nicht unter den Teppich gekehrt werden,
sondern die Ursachen des Ärgers konstruktiv angegangen
werden. Erlernbares Verfahren:
- Wie fühlt sich mein Körper an?
- Beruhige dich (Luft holen...)
- Denke laut über die Lösung des Problems nach.
- Denke später noch einmal darüber nach: Warum
habe ich mich geärgert? Was würde ich beim nächsten
Mal anders machen?
Kritikpunkte:
Nach Aussage einer Lehrerin erwerben viele Schüler zwar das theoretische Wissen des Curriculums, können es aber auch nach Monaten noch nicht auf dem Schulhof umsetzen. Ich denke, das Curriculum kann man in Schulen anwenden, die das Curriculum zum Schulprofil machen und entsprechend Schulstunden zur Verfügung haben, sonst hat es wenig Sinn.Fazit: Die Prävention durch Faustlos ist kein Ersatz für Intervention, kann aber vielleicht auf lange Sicht wirken.
Literaturhinweis
Wenn sie eine kurze Zusammenstellung lesen wollen:
Senghaas, J. (2006): Wir machen Faustlos. in: Gehirn und Geist; H.9 2006; S.54 -59
Manfred Cierpka: Faustlos – Wie Kinder Konflikte gewaltfrei lösen können. AOL
5. Das Trainingsraum- (Arizona-) Modell
Das Arizona- oder Traininraummodell hat sich am meisten bewährt, wenn die ganze Schule dieses Modell betreibt. Die Grundsätze lassen sich ganz kurz folgend zusammenfassen:
- Jede Schülerin und jeder Schüler hat das recht ungestört zu lernen.
- Jede Lehrerin und jeder Lehrer hat das Recht ungestört zu unterrichten.
- Jeder/ Jede muss stets die Rechte der anderen, des anderen respektieren.
Wenn
ein Schüler bzw. eine Schülerin
gegen die Regeln verstösst wird er/ sie zuerst ermahnt
und gefragt, ob er die Regel einhalten möchte. Weigert
er/ sie sich die Regel zu befolgen, wird er/ sie in den
Trainingsraum (synonym auch "die Insel") geschickt.
Mit einem Zettel der Lehrkraft, auf dem der Regelverstoss
erklärt wurde, verfasst er im Trainingsraum einen Bericht,
in dem er erklärt, wie es zum Regelverstoss kam und
wie mit dem aufgetretenen Problem konstruktiv umgegangen
werden kann.
Dieser Bericht wird u.U. mit der Hilfe des dort tätigen
Sozialarbeiters oder der Lehrkraft so gestaltet, dass Handlungsalternativen
in positiver Form ("Wenn X mich anschreit, dann mache
ich einen Schritt zurück, atme tief durch, ....) formuliert
werden.
Dies ist der eigentlich kritische Schritt, da Negationen
(Ich darf nicht schlägern, ...") oft sehr leicht
beschrieben werden können, aber keine Handlungsanleitung
darstellen.
Zum Abschluss des Trainingsraums entsteht ein Vertrag, in
dem die Verhaltensweisen und der Zeitrahmen deutlich werden.
Dieser Vertrag ist dem Klassenlehrer im Anschluss vorzulegen,
der die Einhaltung des Vertrages kontrolliert und gegebenfalls
sanktioniert.
Kritik:
Die Wirksamkeit dieses Konzepts hängt davon ab, dass
der Trainingsraum als Erfahrungsraum und nicht als Strafe
betrachtet wird. Zudem ist es notwendig, dass die Schüler
im Trainingsraum gezielt unterstützt und beraten werden.
In manchen Schulen zeigte es sich, dass einige Lehrkräfte den Traingsraum nur benutzten, um unbequeme Schüler abzuschieben. Sie entzogen sich damit ihrer pädagogischen Verantwortung.
Links:
www.trainigsraum.deUnter dem Reiter Unterrichten finden sie Hinweise zu Büchern, die "Rezepte" für den Umgang mit Unterrichtsstörungen bieten.
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