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Manche Schulen - vor allem auf dem Land - sind zum Teil noch Mittelpunkt des Ortsgeschehens; d.h. die Schule und alle darin stattfindenden Vorgänge werden mit großer Aufmerksamkeit verfolgt. "Das ist unsere Schule" heißt auch, dass die Schule bei besonderen Gelegenheiten (Fasnacht, Ortsfesttage, ...) auch in die Pflicht genommen wird. Solche Schule können für alle sehr heimelig sein, oder, wenn das Klima weniger stimmt, "sehr anstrengend".
In neuerer Zeit sind viele dieser kleinen Schulen - Hauptschulen benötigen über 80 Schüler - in ihrem Bestand gefährdet. Dies lässt manchmal ganz neue Zwänge (Übergangsberatung in die weiterführende Schularten, Gestaltung der Orientierungsstufe, Beratung zum Besuch der Förderschule, Versetzungspraxis, Behandlung von Rückstellunganträgen, usw.) entstehen, damit die Schule am Ort gehalten werden kann.
In größeren Städten sind große Schulen mit großen Klassen oft in Schulzentren zu finden. Über tausend Schüler verteilen sich manchmal auf einen Bezirk. Mit der damit verbundenen Anonymität sind natürlich ganz andere Aufgabenstellungen für die Klassenführung verbunden.
1. Einführung
Alle reden über Schule und jeder hat eine Meinung von der Schule. Jeder ist zur Schule gegangen und manche sind trotz Schule etwas geworden. Viele haben Schule ertragen, manche genossen und wiederum andere unter ihr gelitten.
Je mehr man fragt, desto genauer bekommt man gesagt, was Schule sein sollte oder, was sie nicht ist. Klar ist immer, wo Schule versagt.
Zum Überlegen:
Was sind für Sie die wesentlichen Merkmale der Schule?
Aufgabe:
1. Definieren sie die Begriffe: Schüler und Lehrer
2. Thesen zur Schule
Weil also alle wissen, was Schule ist, fehlt z.B. bei J. Jahnkes Buch (1982) "Sozialpsychologie der Schule" auch eine Begriffsbestimmung. Oder aber, ist vielleicht die Frage ganz falsch gestellt?
In der Literatur findet sich meist eine Darstellung zur Entstehung von Schule, die oft bei der Unterrichtung durch Philosophen im antiken Griechenland beginnt und über die Privatlehrer zur modernen Staatsschule überleitet.
Moderne Autoren setzen meist "die Schule" als unbefragten Terminus voraus und definieren sie über ihre Aufgaben bzw. Funktionen. Die folgenden Autoren sind aus didaktischen Gründen beispielhaft aufgeführt :
Emil Durkheim (1984): Erziehung, Moral und
Gesellschaft (geschrieben 1902/03):
"Die Ziele der Erziehung sind soziale Ziele; die Mittel,
mit denen diese Ziele erreicht werden, müssen also notwendigerweise
soziale Mittel sein. In der Tat gibt es unter den pädagogischen Einrichtungen
keine einzige, die nicht die Analogie einer sozialen Institution ist, die
sich nicht unter einer verkürzten und verkleinerten Form in ihren Hauptzügen
wiederholt. In der Schule gibt es Disziplin wie im Staat. Die Regeln, die
dem Schüler Pflichten vorschreiben, sind denen vergleichbar, die dem
Erwachsenen sein Verhalten vorschreiben. Die Strafen und die Belohnungen,
die man für Kinder hat , ähneln den Strafen und Belohnungen die
den Kindern zugedacht sind. .."
Niklas Luhmann (2002): Das Erziehungssystem
der Gesellschaft
"Damit wird die Schule zur zentralen Dirigierstelle
für Chancen im späteren Leben, obwohl sie natürlich nicht
determinieren kann , wie spätere Karrieren laufen, und vor allem Großorganisationen
(aber zum Beispiel auch Massenmedien oder der Sport) sich ein eigenes Karrieremanagement
vorbehalten. ..."
Wulf Wallrabenstein (1991) Offene Schulen
- Offener Unterricht:
"Der Einblick in eine Lernbiographie zeigte beispielhaft,
dass bei einer Öffnung der Schule die Lebensprobleme und die Lernprobleme
von Kindern in ihrer Abhängigkeit voneinander bedeutsam werden, ja,
dass zuweilen die Lebensprobleme Vorrang vor den sogenannten "schulischen" Problemen
haben. .. "
H. Giesecke (1998): Pädagogische Illusionen.
Lehren aus 30 Jahren Bildungspolitik:
"Die unaufhaltsame Verschulung der Berufsausbildung
zwingt uns dazu, insbesondere die Sekundarstufe I, wieder als Vorstufe künftiger
beruflicher Qualifizierung zu verstehen und reformpädagogische Übertreibungen,...,
wieder rückgängig zu machen. Dass viele Lehrlinge nicht einmal
die elementaren Grundtechniken beherrschen, ist weder schicksalhaft unabwendbar,
noch kann es die Ausbildungsfreude der Betriebe animieren ..."
Kommentar:
In der Diskussion der Seminargruppen wurden die einzelnen Positionen herausgearbeitet, doch blieb der Stellenwert der Aussagen z.T. noch unklar:
Position 1: Durkheim betont, dass sich in jeder Schule
die Staatsform widerspiegelt - da sie ja auch eine Ausgliederung (systemisch
gesprochen: ein spezialisiertes Teilsystem) der Gesellschaft ist. In Erlebnisberichten
/Romanen &. Filmen ( "Die Brücke") ist die Instrumentalisierung
der Institution Schule durch die Politik/ den Staat z.B. im 3. Reich oft
beschrieben worden.
Wenn Sie das Schulgesetz und die Landesverfassung miteinander vergleichen,
erkennen Sie besonders deutlich bei den Wertpositionen politische Setzungen.
Position 2: Als nüchterner Beobachter des Erziehungssystem
beschreibt Luhmann sehr klar, dass die Schule (in der Diskussion wurde die
besondere Rolle der Grundschule deutlich) mit ihren Abschlüssen, ihrem
Notensystem Rollenzuweisungen trifft. Nur wenige Karrieren ( Sport/ Kultur)
sind von der Schule/ dem Schulabschluss unabhängig.
Dass Lehrer diese Aufgabe nicht lieben, aber dennoch erledigen (müssen),
wird ein Teil Ihrer beruflichen Belastung darstellen.
Position 3: Wulf Wallrabenstein vertritt eine eindeutige
pädagogische Orientierung, die den Schüler und seine Probleme in
den Mittelpunkt der schulischen Arbeit stellt. Die Förderung der Persönlichkeit,
die Unterstützung des Schülers in seiner Lebenswelt schaffen nach Wulf
Wallrabenstein erst die Möglichkeit, damit der Schüler/ die Schülerin
in der Lage ist, etwas zu lernen.
Sie zeigten von ihrer Ausbildung her, eine deutliche Vorliebe für diese
Position.
Position 4: In Abgrenzung etwa zu Wulf Wallrabenstein hofft
Hermann Giesecke darauf, dass feste Regeln und das Erlernen von Grundfertigkeiten
Schüler/innen berufsfähig machen. Diese Position ist vor auch eine
Abgrenzung gegen den Indvidualismus, der das Subjektive zu sehr in den Vordergrund
stellt. Generalthese: Ergebnisse sind wichtig!
Die mehr am Ergebnis orientierten unter Ihnen, vertraten die Ansicht, dass
Schüler
durchaus Leistungen zu erbringen haben. Über die Entwicklung von Wissen
und Leistung bestanden jedoch die meisten Differenzen.
3. Eine vorläufige Ortsbestimmung
Betrachten
wir einmal nur die Aufgaben der Schule, so können wir unterscheiden,
dass Schule eine Organisation ist, in der Menschen und nicht etwa Güter
zusammentreffen. Dies tun sie - zwar nicht immer nur aus freien Stücken
- sondern um "Bildung" zu erwerben oder ganz pragmatisch, um später
im Arbeitsleben überhaupt bestehen zu können.
Neben diesen sehr offensichtlichen Polen hat aber die Organisation auch noch
die Aufgabe, die Werte zu vermitteln, die den Fortbestand der Gesellschaft
gewährleisten.
Wie könnte die frei bleibende Dimension genannt werden?
Weil die Anforderungen der Schule, die Lebenswelt der Schüler/ LehrerInnen
sich fortlaufend ändern und die Ansprüche an die Leistungen der
Schule sich verschieben, könnten wir diese Dimension als Zeit, oder
Wandlungsdimension betrachten.
Genau an der Stelle wird auch klar, dass die Bezeichnungen willkürlich gewählt wurden. Im konstruktivistischen Sinne kommt es aber auch nicht auf die "wahre Beschreibung" an, sondern, lässt sich mit diesen Unterscheidungsmerkmalen in der Praxis vernünftig arbeiten.
Werden die Tätigkeiten an der Schule in diese Dimensionen eingeordnet, erhalten wir als neues Schema:1. Quadrant:
Aufgabe der Schule ist der Unterricht d.h. die Schüler erwerben Wissen, dass "anschlussfähig" an die gesellschaftlich Praxis sein sollte. Die Anschlussfähigkeit besteht neben der Vermittlung der Kulturtechnik aber auch darin, dass die in der Form von Zeugnissen nachgewiesenen Qualifikationen auch den Zugang zur nachfolgenden Berufsausbildung ermöglichen oder eben "auch nicht" zulassen.
Nach einer Untersuchung an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg lassen
sich Schülermotivation und Leistungsbereitschaft direkt mit dem Angebot an
attraktiven Lehrstellen in Verbindung bringen:
Haben Schüler eine gute Chance
auf eine regionale Ausbildungsstelle, werden die Noten etc. besser. Sind
dagegen die Aussichten eine Lehrstelle zu bekommen eher gering, nützen die
Anstrengungen der Lehrkräfte oft nicht viel.
2. Quadrant:
Aufgabe der Schule ist die Wertevermittlung, die Erziehung (vergleiche auch den Auftrag der Schule in der Landesverfassung). Da sich die Felder Unterrichten und Erziehen nur analytisch trennen lassen, spricht man in der Praxis auch vom erziehenden Unterricht.
3. Quadrant:
Werte zu vermitteln und Einstellungen zu ändern ist in einer demokratischen Schule nur durch Mittel der Kommunikation erlaubt. Auch bei Betrachtung dieses Feldes ist klar, dass Kommunikation immer in Verbindung mit den anderen Feldern steht.
4. Quadrant:
Ob LehrerIn oder SchülerIn, Kollegium oder Klasse etwas Neues lernen, oder ob alles so bleibt, "wie es immer schon wa(h)r" hängt davon ab, wie "Ist-Stände erfasst" und Mittel bereit stehen um "Soll-Zustände" zu erreichen. Die Diagnose von Schülerleistungen, Evaluation von Unterricht und Schule aber auch die Einschätzung der Außenbedingungen helfen dabei, Schule und Lernen lebendig zu halten.
Beispielhafte Zusammenhänge
Beispielhaft sind hier heimliche
und offene "Mitregenten" in
der Schule aufgeführt.
Die Wirtschaft greift über die Arbeit (Schichtarbeit,
Arbeitslosigkeit der Eltern,...) indirekt und über die Qualifikationsanforderungen,
Bezahlung,.. an die bzw. der Absolventen direkt in die Schule ein. "Warum
soll ich lernen, wenn ich doch keine Arbeit kriege!"
Die Verrechtlichung der Schule (Aufsichtspflicht, Notengebung, Schulpflicht, Ordnungsmaßnahmen, Elternrecht...) wird sie im Schulrecht beschäftigen.
Die Auswirkung von u.a. Medienkonsum und Wertewandel (multikulturelle Gesellschaft/ Werteverfall) sind besonders bei disziplinarischen Fragestellungen nicht zu übersehen.
Ausblick:
Mit Hilfe der 4 Quadranten "Unterrichten, Erziehen, Kommunizieren und Neues ermöglichen" werden in den nachfolgenden Einheiten die einzelnen Felder vertieft.