Logo
Unterrichten

2 Unterrichten

- Hinweise &. Ergänzungen -
Unterrichten

Unterricht_KB

Zielsetzung von Scholastik

Das SCHOLASTIK-Projekt versucht die individuellen Entwicklungsverläufe von Grundschulkindern „... in Abhängigkeit von affektiven und kognitiven Eingangsbedingungen sowie vom schulischen Kontext “zu beschreiben.

1. Fragestellung der Studie

Als Fragen werden in der Studie im einzelnen aufgeführt:

  • Welche Bedeutung haben allgemeine kognitive Fähigkeiten, fachspezifische Vorkenntnisse, motivationale Faktoren und Unterrichtsmerkmale für die Vorhersage unterschiedlicher Lern- und Leistungskriterien sowie für die Beschreibung von interindividuellen Entwicklungs-, Persönlichkeits- und Leistungsunterschieden?
  • Wie stabil sind die Schulleistungsunterschiede zwischen Schülern und Klassen während der Grundschulzeit?
  • Welche Bedeutung kommt der schulischen Umwelt, insbesondere dem Klassenkontext (Klassengröße, Vorkenntnis- und Intelligenzniveau sowie – streuung) für die affektive und kognitive Entwicklung der Schüler zu?
  • Spielen Bezugsgruppeneffekte eine Rolle und sind diese zeitstabil?
  • Welche Rolle spielt die Klasse als normativer Kontext ?
  • Wie sieht das Wechselspiel von Selbstvertrauen und Leistung aus? Lässt sich das Muster ihres Zusammenwirkens eher durch kausale Prädominanz des Selbstkonzeptes als durch die kausale Prädominanz der Leistungsfähigkeit beschreiben? Welche Rolle spielen dabei die Merkmale des Unterrichts und des Klassenkontextes? Gibt es fachspezifische Unterschiede?
  • Wann beginnen Kinder, ihre eigenen Fähigkeiten zunehmend realitätsangemessen einzuschätzen? ...
  • In welcher Weise wirken Merkmale des Unterrichts und die Sozialisation von Talenten, Lerninteressen und individuellen Kompetenzen im zeitlichen Verlauf zusammen? ...
  • Welche Rolle spielen individuelle Aufmerksamkeitsprozesse im Rahmen eines Angebots- Nutzungsmodells schulischen Lernens für die Leistungsentwicklung in verschiedenen Fächern? ...
  • In welchem Ausmaß ist defizitäre Aufmerksamkeit durch überdurchschnittliche Intelligenz oder Vorkenntnisse kompensierbar?
(a.a.O; S. 5 f.)

2. Verwendete Methoden

Methodisch wurden zur Erfassung der notwendigen Daten Schülerfragebogen, Tests (in Mathematik, Konzentration, Naturwissenschaften , Rechtschreiben, Intelligenz ), Verhaltensbeobachtungen im Unterricht und Lehrerbefragungen eingesetzt.

Aus der Logik des wissenschaftlichen Vorgehens folgt, dass die individuellen Daten verschlüsselt und zu Klassenwerten zusammengefasst werden müssen. Weil aber später die Entwicklungslinien wieder individuell betrachtet werden, müssen die Individualwerte später aus den Verrechnungswerten wieder gewonnen werden. Verzerrungen könnten davon die Folge sein.

Bei der Untersuchung des Lehrerverhaltens wurden Unterrichtsbeobachter mit einem standardisierten Verfahren eingesetzt. [Aber auch hier konnten die Beobachter ihre neutrale Position nicht durchhalten, da während der Untersuchung Rückmeldungen an die Lehrkräfte gegeben wurden und Weiterbildungsveranstaltungen zum Thema der Untersuchung statt fanden].
Lehrerfragebogen und Schülerinterviews zum Lehrerverhalten ergänzten die gewonnenen Ergebnisse.

Methodische Probleme 1:

Bei diesen »aggregierten Schülerangaben « wird die Verursachung von Schwierigkeiten im Unterricht auf die Schüler verlagert: z.B. „Wie oft kommt es im Unterricht vor, daß Du im Unterricht nicht genau mitbekommst, was du tun sollst? (umgepolt)“ oder: „Wie oft kommt es vor, daß die Lehrerin (der Lehrer) im Mathematikunterricht zu Dir sagt, Du sollst besser aufpassen?“

(a.a.O.; S. 515)

Zur Methodik der Beobachtung hier

Auf eine Untersuchung der außerschulischen Einflüsse wurde verzichtet, weil:

„Die außerschulischen Einflußfaktoren wurden allerdings nicht allein wegen des dafür erforderlichen Forschungsaufwandes nur marginal berücksichtigt, sondern vor allem deshalb, weil sie unauflösbare Konfundierungen von genetischen und sozialisatorischen Einflüssen widerspiegeln“.

(a.a.O; S. 11f.)

-->Zur Erziehungsstildebatte vergl. H. Lukesch (Hrsg.)(1975): »Auswirkungen elterlicher Erziehungsstile«.

Methodische Probleme 2:

Das methodische Arrangement erzwingt Daten, die innerhalb der Schule und des Unterrichtes als gesellschaftliche Veranstaltung quantifiziert werden können

Deswegen wird die individuelle Analyse zu Gunsten der individuellen Schulklassenanalyse zurückgestellt. Die auf diese Art gewonnenen, sehr komplexen Daten werden durch verschiedene Verfahren statistisch aufbereitet und meistens miteinander korreliert.

.

3. Ergebnisse

Betrachte ich die Ergebnisse, die die Fächer Deutsch und Mathematik nicht unmittelbar betreffen, so wirken sie eher trivial:

  • R. S. Jäger bemerkt, dass die Unterrichtsqualität sich auf die Denkentwicklung positiv auswirkt, bzw. dass Erfolg wiederum positive Folgen hat und umgekehrt.

(a.a.O.; S. 37 - 41)

Weil schulische Leistung nicht stark mit kognitiven Kompetenzen korreliert - bereits 1971 stellte Helmut Fend fest, dass etwa 70 - 50 % der Varianz von schulischen Leistungen und kognitiven Faktoren nicht erklärt werden kann - benötigt man für die Erklärung der Varianz andere Modelle.
Diese stammen aus der Motivationstheorie, bzw. aus den Überlegungen zum Selbstkonzept.

  • Die sozial – normativ erhobenen Daten zu Lernfreude und Selbstkonzept in Mathematik, bzw. Deutsch korrelieren mit den Leistungen in den Fächern und mit der Organisation des Unterrichts.
    Während der 4 Schuljahre nehmen aber auffallenderweise die Werte in Schulfreude, bzw. der fachgebundenen Selbstkonzepte ab.

Entwicklung:

F. Halisch (a.a.O., S. 80) macht darauf aufmerksam, dass das Fach Mathematik, im Vergleich zu Deutsch einen höheren leistungsthematischen Motivationsanteil enthalten könnte, was auf die Leistungsmotive der Schüler sich auswirke.

Allgemein stellen Weinert & Stefanek fest:

"Die intellektuelle Entwicklung ist „nicht nur eine Bedingung, sondern auch eine Folge des schulischen Lernens..."

In: Weinert & Helmke (Hrsg.; 1997,S. 423 – 451)

  • Schule baut, zumindest in der Normalform, aktiv akademische, den Schulfächern zuzuordnende Selbstkonzepte auf, wenn sie sie nicht sogar konstituiert.
  • Kinder beginnen die Schule mit einem sehr günstigen Selbstkonzept , werden aber mit der Zeit >realistischer<. Dies wird auch für die Lernfreude festgestellt, d.h. die Werte werden im Verlauf der Schulzeit niedriger.
  • Die Höhe des gemessenen Selbstkonzeptes ist von der Klasse abhängig.

Stimmen zur Bedeutung des Selbstkonzeptes:

Die Aufgabenstellung zu Beginn der Studie und die Auswahl der Methoden bedingen, dass innerhalb dieses Rahmens für Pädagogen keine überraschenden neuen Einsichten zu finden sind.
So leidet, wie R. Pekrun feststellt, die Studie darunter, dass keine intraindividuellen Untersuchungen des Selbstkonzeptes vorliegen. In den Daten lassen sich:

"... keine allgemeinen Antworten auf die Frage finden, ob und in welcher Weise Leistungen zur Selbstkonzeptbildung beitragen oder das Selbstbild Einfluss auf die Lernleistung nimmt".

Kai U. Schnabel (a.a.O.; S. 386) stellt fest:

„Die Ausdifferenzierung dieser Selbstkonzepte wird durch die zunehmende fachdisziplinäre Gliederung strukturiert. Insofern stellt die Schule eine Art Entwicklungslabor für Selbstkonzepte dar, das zur Nutzung entwicklungspsychologischer Fragen geradezu einlädt:

  • Wie werden die sehr unterschiedlichen Formen von Fähigkeitsrückmeldungen interpretiert und wie wirken sie im Entwicklungsverlauf auf das Fähigkeitsselbstkonzept?
  • Wie wird die vom permanenten sozialen Vergleichsprozeß ausgehende Selbstwertbedrohung verarbeitet?“

»Schulleistungsbild und Fähigkeitsselbstbild - Universelle Beziehungen oder kontextspezifische Zusammenhänge? Kommentar. « In: Weinert & Helmke (Hrsg.; 1997, S. 385 –388)

  • Gute Zielerreichung (d.h. gute Leistungswerte) sind in Klassen mit hoher Aufgabenorientierung, hoher Adaptivität und Langsamkeitstoleranz zu beobachten.
  • Die Einstellungen zu den Fächern wirken sich positiv, bzw. negativ auf die erreichten Leistungen aus.

Kognitive Kompetenzen und Schulleistung:

Der Zusammenhang von kognitiven Kompetenzen und Schulleistung ist ein Artefakt, da die Schulleistung als Außenkriterium bei der Testkonstruktion eingesetzt wurde.
Rheinberg wirft, abweichend von der Untersuchung, die Frage auf, welche Umstände bei Schülern vorliegen, die, obwohl ihre Intelligenztestwerte unterhalb des Durchschnitts liegen, es schaffen, durchschnittliche Schulleistungen zu erzielen bzw. welche Lehrerkomponenten günstige/ ungünstige Bedingungen dafür schaffen.

Es stellt sich mir auch die Frage, ob die Methoden zur Erfassung der Emotionalität, Grundschülern entspricht.

Vergl. F. Rheinberg (1997, S. 218): »Individuelle Bedingungsfaktoren der Schulleistung: Kommentar. « In: Weinert & Helmke (Hrsg.; 1997, S. 217 – 221).

  • „Intelligenz und Vorwissen korrelieren substantiell mit Schulleistung, auch ohne Berücksichtigung von situativen Umständen, während motivational – affektive dies nicht oder nur viel schwächer tun.“
  • Die Rolle von Vorwissen (in der Form von vorschulischem Wissen) nimmt im Verlauf der Schulzeit ab.
  • Die psychologisch didaktischen Grundhaltungen der Lehrer haben einen großen Einfluss auf die Vermittlungsqualität.
  • Entindividualisierte Aktivitäten sind durch Aufgaben zu ersetzen, die das »learning self« erfordern.

Überraschend bemerken Weinert & Helmke (1997, S. 470):

„ ... in den SCHOLASTIK-Daten (sind) keine Wechselwirkungseffekte zwischen Schüler und Unterrichtsmerkmalen zu finden ...“

Literaturhinweis:

Franz E. Weinert/ Andreas Helmke (Hrsg.;1997). Entwicklung im Grundschulalter. Beltz/PVU