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Unterrichten

2 Unterrichten

2.1 Unterricht strukturieren

Unterrichten


1. Einführende Überlegungen:

Wenn Sie sich einmal überlegen, wie sie Unterricht erlebt haben oder wie sie unterrichten, werden sie sicher feststellen, dass Unterrichtsstunden in ihrem Verlauf bestimmte Charakteristika aufweisen:

untersuchen

Charakterisieren Sie kurz eine Unterrichtsstunde!

Sie haben vielleicht aufgeschrieben, dass ihre Stunde eine Stundeneröffnung, eine wie immer auch geartete Erarbeitungsphase und eine Übungs- oder Wiederholungsphase besitzt.
Dies sind Grundstrukturen des Unterrichtens, die als "bewährtes Grundmuster" über Jahrhunderte in einer traditionellen allgemeinen Didaktik beschrieben wurden.

Vergleiche Artikulationsmuster des Unterrichts.

Begriffsbestimmung Didaktik:

Als wissenschaftliche Reflexion des Lehrens und Lernens befasst sich eine allgemeine Didaktik ( Gegensatz Fachdidaktik) mit den:

  • allgemeinen Prinzipien
  • den Strukturmomenten
  • und mit den gesellschaftlichen Bedingungen der Verwirklichung von Unterricht.
DD

Dabei ist sie beschränkt auf die gesellschaftlich geltenden Normen, Regeln und Formen des Lehrens und Lernens.

In einer moderneren Form fasst das klassische Didaktische Dreieck die Bedingungen des Unterrichtens zusammen.

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2. Grundfragen einer Allgemeinen Didaktik

a. Was soll gelehrt und gelernt werden?

In der Tradition der geisteswissenschaftlichen Pädagogik, soll dem Lernenden / Heranwachsenden ein "Welt- und Selbstbild" schrittweise erschlossen werden. Die pädagogische Verantwortung in einer geschichtlichen Situation und der Bildungsbegriff sind dabei die zentralen Kategorien.
Nur wenn ein unterrichtlicher Inhalt diesen Anforderungen gerecht werden kann, so wird er nach Klafki zum Bildungsinhalt.
In der didaktischen Analyse entwickelt Klafki ein Instrument zur konkreten Unterrichtsvorbereitung.

Die kategoriale Bildung in der Diskussion:

Kritisiert wurde die didaktische Analyse u.a. von Blankertz, da sie die Methoden vernachlässigen würde.
Gestützt werden die Forderungen Klafkis nach der Sinnhaftigkeit des zu lernenden Stoffes und dessen Bedeutung (für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft) durch die Ergebnisse der neueren Hirnforschung.

 

Um subjektive Entscheidungen, was denn ein Bildungsinhalt sei, einer rationalen Diskussion und Konsensbildung zugänglich zu machen, entwickelte Robinsohn (1967) den Curriculumsbegriff. Nach Offenlegung aller Kriterien verbleibt für die Erziehung die Aufgabe, dass durch den Unterricht die Schüler befähigt werden sollen, "Lebenssituationen zu bewältigen".
Da zukünftige Lebenssituation nur sehr schwer vorher zu sagen sind, ist die Umsetzung des Ansatzes prinzipiell mit Schwierigkeiten verbunden.

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b. Wie soll gelehrt und gelernt werden?

Im Gegensatz zu den bildungstheoretischen Modellen stellen die lerntheoretischen (Berliner Schule/ Hamburger Modell) das Lehren und Lernen im Unterricht in den Mittelpunkt ihrer Analyse. Inhalte und Intentionen des Unterrichts werden je nach Modell mehr oder weniger stark berücksichtigt. In den Vordergrund stellt sich die Frage, auf welchem Wege sie zu vermitteln sind.

Begriffsbestimmung:

Methode ist der Weg des didaktischen Handelns:
die Verfahrensweise, mit der in Institutionalisierung Lehr- und Lernprozessen diese planmäßig und kunstgerecht beeinflusst werden soll.

Als Weiterführung der Berliner Schule bzw. des Hamburger Modells untersucht die Unterrichtswissenschaft das Lehrerhandeln unter verschiedenen Perspektiven (Strukturmomenten). Dabei strebt sie an, konkrete Handlungsanweisungen zu vermitteln.

Mehr zur direkten Umsetzung der lerntheoretischen Modelle finden sie bei der Unterrichtsplanung.

Eine konsequente Weiterführung des lerntheoretischen Ansatzes bildet die informationstheoretisch - kybernetische Didaktik (v. Cube; Frank), die vollkommen von der Diskussion und Legitimation der Inhalte absieht. Lehraufgaben werden "algorithmisiert" und durch geeignete Programme dargeboten. Heute hat dieser Ansatz eine gewisse Bedeutung in der schnellen Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten, vor allem im beruflichen Sektor.

Noch stärker als die Unterrichtsforschung untersucht die systemtheoretische Didaktik die Vorgänge im Klassenzimmer. Aus der Modellbildung heraus sollen konkrete Handlungsanweisungen zur Planung und Gestaltung von Unterricht erfolgen.

Eine weiterführende Aufgabe finden sie hier

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c. Wie interagieren die an Lehr- und Lernprozessen beteiligten Personen?

Ist die Interaktion im Vordergrund des didaktischen Handelns, ist der Ansatzpunkt die Theorie des kommunikativen Handelns gegeben: Lehren und Lernen sind Inhalte der Kommunikation bzw. Kommunikationsformen. Das soziale Feld "Schulklasse" sowie die Frage "Wie können Schüler als Interaktionspartner gewonnen werden?" dominiert die didaktische Analyse.

nachdenken
Zum Nachdenken
Überlegen Sie sich, bei welchen unterrichtlichen Situationen der Ansatz einer kommunikativen Didaktik sich als sinnvoll erweisen könnte.

Schon in der bildungstheoretischen Didaktik ist der kommunikative Aspekt in der Gestalt des "pädagogischen Bezuges" (Weniger) vorweg genommen.

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d. Wozu wird etwas gelehrt und gelernt?

Was wozu gelernt werden soll ist das Grundproblem jeder didaktischen Entscheidung, egal ob sich Vertreter einzelner Modelle dazu bekennen oder nicht.

Auch wenn normative Didaktiken suggerieren, dass aus Normen der Gesellschaft (religiöse Ideale, politische Zielsetzungen, ...) konkrete Ziel-, Inhalts- und Methodenentscheidungen abgeleitet werden können, bleibt das "Wozu des Lernens" eine objektiv nicht zu bestimmende Größe.

Erläuterung:

1. Die bildungstheoretische Didaktik leitet aus der Erziehungswirklichkeit eine Aufgabenbestimmung ab. Deshalb wird ihr der Vorwurf einer Anpassungsdidaktik an die bestehenden Zustände gemacht.

2.Die lehrtheoretische Didaktik verzichtet auf eine Hinterfragung gegebener Leitziele: "Dies ist Aufgabe der Politik!"

Beide Didaktiken (Klafki in seiner kritisch-konstruktive Erziehungswissenschaft/ Schulz in seinem Hamburger Modell) lösen sich aus diesen Vorwürfen, in dem sie Emanzipation und Mündigkeit als Erziehungsziel formulieren. Was beide Begriffe in der konkreten Situation aber bedeuten, ist nur im gemeinsamen Gespräch zu erfassen.

In einer modernen Didaktik geht es also darum zu erkennen, dass alle didaktischen Entscheidungen in Abhängigkeit von gesellschaftlichen Verhältnissen getroffen werden. Eine Offenlegung der Prämissen erlaubt eine kritische Überprüfung der Zieldimension.

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e. Offene Fragen

Weitere Schwerpunkte, die nicht durch die 4 Grundfragen der Didaktik berührt sind, werden exemplarisch dargestellt:

1. der institutionelle Aspekt: Schule erzieht als Institution.
Das Aufwachsen in verschiedenen Schultypen und den damit verbundenen Rahmenbedingungen erzeugt einen "heimlichen Lehrplan".
Schulkritiker wie v. Hentig weisen immer wieder darauf hin und verweisen als Gegenutopie auf die "Polis" - die Schulgemeinschaft.

2. das lernökologische Umfeld: Jede Schule liegt in einem bestimmten Einzugsgebieten mit ganz bestimmten Voraussetzungen. Allgemeine Handlungsanweisungen berücksichtigen dies häufig nicht.

3. das ungeklärte Verhältnis von der Allgemeinen zur Fachdidaktik: Die relativ neuen Fachdidaktiken entwickeln oft durch Abgrenzung und Ausschluss eine eigenständige Funktion. Übergreifende Gesichtspunkte können dadurch verloren gehen.

4. das ungeklärte Verhältnis von Theorie und Praxis: Statt zu überlegen, wie ein Unterricht aussehen könnte, ist es erforderlich herauszufinden, was im Unterricht tatsächlich geschieht d.h. wie Theorien verstanden und praktisch umgesetzt werden.
Dabei kann jeder Lehrer zum Forscher und Theoretiker werden, wenn er systematisch vorgeht.

nachdenken Zum Nachdenken!

Welches didaktische Modell ist ihr Favorit?

Welche Vorteile bietet es?

Welche Sachverhalte oder Beziehungen werden kaum von ihm erfasst?

Was macht dieses Modell zu meinem?

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3. Artikulationsstufen

a. Merkmale eines gestuften Unterrichts:

b. Grundmodelle

Alle Stufungsmodelle lassen sich im Prinzip auf einen einfachen Dreischritt zurückführen, der mehr oder minder kunstvoll durch Schleifenbildung auch mehrfach in einer Unterrichtsstunde durchlaufen werden kann.

Stellen wir an den Anfang das populäre Verarbeitungsmodell der Gehirnforschung:

Modell/ Autor Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3
Gehirnmodell

(Computeranalogon)

in put Verarbeitung out put
Aristoteles Sinneseindruck Verstand Streben
F. Huber Erschließung Besinnung Bewältigung
A. Vogel Eindruck Aneignung Ausdruck
... Beobachtung Verarbeitung Darstellung
... Anschauen Denken Anwenden
  Aufnehmen Durchdringen Ausdrücken
  Hinleitung
(Gegenstand)
Darstellung
(Beispiel)
Verarbeitung - (Ergebnis)
  Anfangssituation Mittelsituation Endsituation

Diesen Stufen werden verschiedene Lernakte zugeordnet:

1. Stufe: Erschließung des Neuen
Der Lernende soll eine Beziehung zum Unterrichtsgegenstand herstellen können. Eigene Vorerfahrungen werden reaktiviert, Neugierde geweckt, ...

2. Stufe: Erarbeitung und Besinnung
Probleme werden von den Lernenden erfasst, Zusammenhänge entdeckt, zu Grunde liegende Strukturen konstruiert, ...
Die Lehrkraft kann durch Material, Gespräche, Sozialformen, ... das Geschehen anregen.

3. Stufe: Akte der Bewältigung
Die Lernenden verfügen über Wissen und Können um damit bestimmte Problemsituationen zu lösen oder das Gelernte auf Aufgabenstellungen anzuwenden. Üben, Einordnen, Übertragen, ... sind dafür gängige Bezeichnungen.

Dramaturgie des Unterrichts

Werden die einzelnen Stufen von der Lehrkraft durch besondere Methoden akzentuiert, steigert sich vermutlich die Wirkung des Unterrichts.

 

c. Artikulationsstufen im forschend- entwickelnden Unterrichtsverfahren nach H. Schmidkunz & H. Lindemann - ein ausführliches Beispiel

Das Verfahren beruht auf folgenden Grundlagen:

 

Stufen des Verfahrens
Schleifen sind erforderlich und deshalb einzuplanen

1. Denkstufe: Problemgewinnung 1a Phase: Problemgrund Der Sachverhalt, der vielleicht nur dem Lehrer bekannt ist, soll vom Schüler aufgenommen werden
1b Phase der Problemerfassung Bei Differenzerfahrung kann ein Sachverhalt bei den Schülern zum Problem werden.
Gelingt es den Schülern, den Sachverhalt selbstständig zu formulieren, sprechen die Autoren von der Problemfindung.
1c Phase der Problemerkenntnis oder Problemformulierung

Das Problem wird von allen erfasst und gemeinsam schriftlich formuliert

2. Denkstufe: Überlegungen zur Problemlösung 2a Analyse des Problems  
2b Lösungsvorschläge  
2c Entscheidung für einen Lösungsvorschlag  
3. Denkstufe. Durchführung eines Lösungsvorschlags 3a Planung des Lösungsvorhabens  
3b Praktische Durchführung  
3c Diskussion der Ergebnisse  
4. Denkstufe: Abstraktion der neuen Erkenntnisse 4a Ikonische Abstraktion  
4b Verbale Abstraktion  
4c symbolhafte Abstraktion  
5. Denkstufe: Wissenssicherung 5a Anwendungsbeispiele  
5b Wiederholung  
5c Lernzielkontrolle  

Weitere Modelle zu naturwissenschaftlichen Unterrichtskonzepten finden sie hier (PDF-Datei).

 

Literatur:

Dieter Lenzen (Hrsg.;1986): "Enzyklopädie Erziehungswissenschaft. Bd. 3: Ziele und Inhalte der Erziehung und des Unterrichts". Klett - Cotta

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