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Inhalt:
  1. Vom Wissen zur Handlungskompetenz
  2. ...

1. Vom Wissen zur Handlungskompetenz
nach Prof. Dr. Diethelm Wahl (PH Weingarten)

1. Problemaufriss

Für jeden Lehrer stellt sich innerhalb des Klassenzimmers die Frage: "Wie wird aus >trägem< Wissen aktiv eingesetztes Wissen, eben Handlungskompetenz?" Dabei stellt Wahl - innerhalb des konstruktivistischen Paradigmas argumentierend - fest, dass:

  1. jeder Schüler innerhalb einer Klasse unterschiedliche, bereichsspezifische Vorkenntnisse besitzt. Diese Vorkenntnisse korrelieren bis zu r = 0,7 (hoch) mit dem Erwerb von Handlungskompetenz. Das Matthäus-Prinzip stellt den Sachverhalt deutlich dar: "Wer hat, dem wird gegeben." d.h. Schüler mit guten Vorkenntnissen profitieren am meisten vom Unterricht.
  2. jeder Schüler einzigartige Theorien über eine Wissensdomäne besitzt. Die Theorien der Schüler über die Sachen und Prozesse unterscheiden sich untereinander ebenso stark, wie gegenüber der Fachwissenschaft.
  3. der Zusammenhang von Intelligenz (Decodierkompetenz) und Erwerb von Handlungskompetenz sinkt von r = 0,5 auf r = 0,3 (sehr schwacher Zusammenhang) bzw. r = 0 ( kein Zusammenhang).
  4. der Wille eines Schülers nur sehr schwach (r = 0,2 bis 0,3) mit dem Erwerb von Handlungskompetenz korreliert.

Dies bedeutet, dass schulisches Lernen d.h. Lernen in einer Gruppensituation, an die individuellen Voraussetzungen und Lerntempi anknüpft..

Merke:

HinweisLernen ist ein einzigartiger und aktiver Prozess.

Gegensatz: Lernen ist ein kollektiver und rezeptiver Prozess

Wahl schlägt zur Lösung der paradoxen Situation: individuelles Lernen im Kollektiv den methodischen Dreischritt vor:

  1. Knüpfe an das bisherige Handeln (und Wissen) an.
  2. Schaffe Möglichkeiten zum Austausch von wissenschaftlichen und subjektiven Theorien = aktives Lernen
  3. Setze neues Handeln in Gang

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2. An das bisherige Handeln und Wissen anknüpfen

Szene - Stopp - Reaktion

Die Lehrkraft/ Schüler schildern eine Szene.
Plötzlich wird die Darstellung ( z.B. bei einer Entscheidungssituation) unterbrochen.
Die Schüler spinnen den Faden weiter:

  1. Ampelmethode: Die Schüler werden aufgefordert mit Kärtchen auf Alternativen zu reagieren.
  2. Partner- Spontan - Dialog: Die Schüler besprechen mit ihrem Partner die unmittelbaren Eindrücke.
  3. Sie notieren sofort ihren Eindruck, Stimmung, ...

Die gefundenen Lösungen werden gemeinsam besprochen.

Gelingt es im Unterricht Eingangssituationen zu schaffen, in der die Schüler die Gelegenheit erhalten, eigenes Handeln zu beobachten und im Anschluss zu reflektieren, dann spricht Wahl vom Königsweg.
Andere Möglichkeiten sind:

  • Handeln simulieren
  • Vorwissen sammeln und ordenen etwa mit der Metaplantechnik
  • Vorwissen "implantieren".

Konkret könnte die Szene - Stopp - Rektions - Mehode verwendet werden:

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3. Aktives Lernen

Zum aktiven Lernen gehört neben dem Bewusstwerden subjektiver Vorstellungen auch die Auseinandersetzung mit neuer Information. Als Methoden schlägt Wahl vor:

  1. Sandwichprinzip
  2. Vorkenntnisse einpflanzen (Advance Organizers)
  3. aktives, selbstgesteuertes Lernen z.B. mit der Methode Lernen durch Lehren
  4. Strukturierung des Wissens mit kognitiven Landkarten

3.1 Das Sandwichprinzip

Innerhalb zeitlich begrenzter Orientierungs- und kollektiver Informationsphasen werden Phasen subjektiver Aneignung eingestreut.

SandwichAls Ergebnisse dieser Unterrichtsmethode fasst Wahl zusammen:

  • Die Klassen zeichnen sich eine höhere aufmerksamkeit aus: Die zur verfügung stehende Zeit wird besser genutzt.
  • Die Lernleistungen steigen in der gleichen Zeit an.
  • Lernende mit geringen Vorkenntnissen bevorzugen eher "dünne Sandwichlagen", d.h. kürzere kollektiven Lernphasen gefolgt von kürzeren Verarbeitungsphasen. Lernende mit großen Vorkenntnissen eher "dicke Sandwichlagen".
  • Das Lernklima wird deutlich besser: Schwierige Lernende werden besser integriert, Störungen werden unterbunden.
  • Für Lehrende ist der Vorbereitungsaufwand höher, sie berichten aber über weniger "burnout".

3.2 Vorkenntnisse einpflanzen

Advance Organizer sind Lernhilfen, die vor der eigentlichen Präsentation des "Stoffes" gegeben werden. Die Struktur des Inhaltes wird im Überblick dargestellt und dient als "Anker" für die subjektive Orientierung. Dazu ist es notwendig, dass möglichst viele "Kanäle" angesprochen werden.

Anker Anforderungen an Advance Organizer
Dauer:
5 -15 Minuten
Umfang:
ca. 20 Begriffe
Mehrfachcodierung:
Beispiele, Wörter, Vergleiche, Erlebnisse, ...
Wichtig ist, dass die Präsentation durch Grafiken und Bilder unterstützt werden.
Entwickelnd:
Wenn Advance Organizer entwickelt werden ( z.B. aufbauende Folie, Tafelbild, Pinwand, ...), kommen Lernende besonders gut damit zurecht.
Problemorientiert:
Problemstellungen wecken Interesse und aktivieren die Schüler
ständige Verfügbarkeit
Wird das Thema behandelt, soll der der Advance Organizer sichtbar sein ( Seitentafel), so kann auf ihn immer Bezug genommen werden.
Verständlich und anregend:
Ein Advance Organizer sollte so beschaffen sein, dass eine uninformierte Person die wesentlichen Dinge versteht.

Forschungsergebniss aus über 400 Studien zeigen :

Advance Organizer:

  1. ermöglichen einen größeren Lernerfolg (sofortige Leistung), im Behalten und Transfer.
  2. erzeugen eine höhere Motivation, wecken Interesse.
  3. ermöglichen eine bessere Orientierung, wenn es um selbstgesteuertes, kooperatives Lernen geht.
  4. sind besonders wichtig, wenn die Vorkenntnisse gering und die Lernkompetenz niedrig sind.
  5. zeigen bei schwierigen Sachverhalten besondere Stärken.
  6. Die Effekte von A.O sind abhängig von Problemstellung, Mehrfachcodierung und sich entwickelnder Präsentation.

3.3. Wechselseitiges Lehren und Lernen (WELL)

Beim wechselseitigen Lehren und Lernen wird zwischen Experten- und Novizenrollen unterschieden. Der Experte erwirbt sich das Wissen (Gruppenpuzzle) und gibt sie im Anschluß an die Novizen (die ihrerseits wieder Experten auf einem anderen Gebiet sind) weiter. Für die Lehrkraft entscheidend ist es, dass die dafür benötigten Lernstrategien eingeübt wurden.

Beispiel Partnerinterview:

Anzahl
2 Personen
Karten
Informationskarten karten in blauer unnd roter Farbe
Aufgabe
Jede person liest die Informationen auf seinen Karten (Blau/rosa)
Interview
Person A interviewt Person ( event. mit vorgefertigten Fragen auf den Karten) B.
Im Anschluss interviewt Person B A, usw.
Abschluss
Beide Partner arbeiten so viel Karten wie möglich in einem vorgegebenen Zeitrahmen durch.

 

Im allgemeinen lassen sich 3 Lernphasen unterscheiden:

  1. Expertenwissen wird erworben - Bereitstellung von Material für den Aufbau eines Experten. (Informationsentnahmestrategien, Diskussionsstrategien werden benötigt).
  2. Das Expertenwissen wird gelehrt - Kommunikations- und Vermittlungsstratgien werden benötigt.
  3. Das Wissen wird vertieft - Elaborations- und Präsentationsstrategien in der Gruppe müssen vorhanden sein

Mögliche Methoden:

  • Partner-/ Gruppenpuzzle
  • Lerntempo-Duett/ - Terzett
  • Multi-Interview
  • strukturierte Kontroverse ( Pro - und Contra)
  • Gruppenrallye
  • ...

Forschungsergebnisse:

  1. Im Vergleich zum herkömmlichen lehrerzentrierten Unterricht sind die Lernerfolge größer.
  2. Die intrinsische Motivation der Schüler wird gesteigert.
  3. Die Schüler erleben sich stärker als kompetent.
  4. Wichtig ist die Einführung von Lernstrategien.

3.4 Kognitive Landkarten

Informationen zu kognitiven Landkarten finden sie hier oder hier bei Mindmapping.

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4. Neues Handeln in Gang setzen

Damit auch "neu gehandelt wird", ist es notwendig, dass Schüler auf neues Handeln vorbereitet werden.

Von Fortbildungen wird - nach Mutzeck (1998): "Von der Absicht zum Handeln" - deutlich mehr in die Praxis umgesetzt, wenn die Vorsätze zum Abschluss der Veranstaltung schriftlich fixiert werden.

Durch den bewussten Entschluss, wird träges Wissen eher umgesetzt.
Damit der Entschluss nicht vergessen wird, ist es gut, wenn er als Erinnerungshilfe gut sichtbar aufgehängt wird.

Als Methoden schlägt Wahl vor:

  1. Entwicklung von "inneren Bilder, Filmen" für neue Handlungsmuster" ( Vergleichen Sie Planungsmuster)
  2. Direktes Üben von Planungsstrategien.
  3. Handlungen ausführen lernen.
  4. Inneres Sprechen
  5. Soziale Unterstützung

 

 

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